Sitzung: 11.02.2021 Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss
Beschluss: geändert beschlossen
Vorlage: 2020/107
A-1) Landratsamt
Aichach-Friedberg/17.03.2020
Die Stellungnahme des Landratsamtes Aichach-Friedberg vom
17.03.2020 wird zur Kenntnis genommen.
B-1) Bürger 1/19.03.2020
Die Stellungnahme vom 19.03.2020 wird zur Kenntnis
genommen. Die Einwendungen sind in der Sache unberechtigt:
Zu 1. Unzulässige Erweiterung des bebauten Bereichs
Entgegen der Auffassung der
Einwendungsführer liegt auch die unbebaute Freifläche FlNr. 516 in einem
bebauten Bereich. Eine Bebauung dieser Fläche stellt keine Erweiterung in den
Außenbereich dar:
Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist ein „ ‚bebauter Bereich‘ (…) gegeben, wenn und soweit bereits eine
vorhandene Bebauung dazu führt, dass der Außenbereich seine Funktion, als
Freiraum oder als Fläche für privilegiert zulässige Vorhaben zu dienen, nicht
mehr oder nur noch mit wesentlichen Einschränkungen erfüllen kann. Die
vorhandene Bebauung muss auf eine weitere Bebauung im Wege der baulichen
Verdichtung hindeuten; erforderlich hierfür ist, dass die Bebauung eine gewisse
Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit erkennen lässt, die sie als Weiler,
Splittersiedlung oder sonstigen Siedlungsansatz qualifiziert. (…) Die
vorhandene Bebauung muss deshalb in einem der Verdichtung zugänglichen
Zusammenhang stehen; die Freiflächen dürfen diesen Zusammenhang nicht
unterbrechen. (…) Ausschlaggebend ist, inwieweit die aufeinander folgende
Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und
Zusammengehörigkeit vermittelt.“
Die Außenbereichssatzung umfasst nur bebaute Bereiche,
insbesondere was die gerügte westliche Freifläche auf FlNr. 516 anbelangt. Der bebaute Bereich erstreckt sich vorliegend konkret
zwischen der südlich der Erschließungsstraße befindlichen Gewerbehalle FlNr.
523, dem Wohnhaus im Norden FlNr. 514 und dem Wohnhaus FlNr. 516 im Osten.
Dieser Bereich lässt vor Ort auch visuell eine ausreichende Geschlossenheit und
Zusammengehörigkeit erkennen, wie sie Rettenberg insgesamt auch weithin
sichtbar kennzeichnet. Dass sich die Gewerbehalle im Süden nicht im
Satzungsumgriff befindet, ändert nichts am Vorliegen eines bebauten Bereiches
im rechtlichen Sinne.
Die für Außenbereichsmaßstäbe vergleichsweise kleine
Freifläche FlNr. 516 wird zudem zu allen Seiten von deutlich in Erscheinung
tretenden Gebäuden umrahmt, kann mithin bereits aus diesen Gründen ihre
Außenbereichsfunktion nicht oder nur noch eingeschränkt erfüllen. Die durch die Bestandsgebäude entstehende Lücke wird demgemäß
aktuell auch vorwiegend als Garten, Stellplatz oder Zufahrt genutzt. Durch eine
Bebauung gehen mithin also keine landwirtschaftlichen Flächen verloren.
Ein
Zersiedelungsprozess wird mit der Außenbereichssatzung nicht in Gang gesetzt.
Zwischenzeitlich
hat auch die durch die Einwendungsführer eingeschaltete Regierung von Schwaben
den geänderten Umgriff der Satzung bestätigt.
Zu 2. Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen
Verfassung
Mit vorstehenden Erwägungen ist der dargestellte
Satzungsumgriff legitim und somit sind die Voraussetzungen einer
Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 gegeben. Ein
Verstoß gegen Bundesrecht oder das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen
Verfassung liegt demnach nicht vor.
Auch
wird entgegen der Ausführungen nicht allein beabsichtigt, das Grundstück FlNr.
516 einer weiteren Bebauung zuzuführen. Durch die Satzung wird vielmehr auf
allen Flurnummern im Umgriff mit Ausnahme des Kirchengrundstücks FlNr. 520 weitere
Bebauung ermöglicht, sei es in Form eines abgesetzten Gebäudekörpers oder in
Form eines Anbaus oder in Form eines Nebengebäudes etc.. Dadurch wird den
Wohnbedürfnissen der Bevölkerung Rechnung getragen.
Die
verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung sieht die Grenzen der Erforderlichkeit
erst dann als überschritten an, wenn lediglich private Interessen bevorzugt
werden, ohne dass eine ausreichende Rechtfertigung durch städtebauliche Gründe
vorhanden sei. So dürfe eine Gemeinde im Rahmen ihrer „Städtebaupolitik“
hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen
und sich dabei zumindest auch an den Wünschen der Grundstückseigentümer im
Plangebiet orientieren. Denn häufig löse erst der Wunsch oder die Bereitschaft
von Eigentümern, ihre Flächen einer Bebauung zuzuführen, überhaupt das
Bedürfnis nach einer Bauleitplanung/ Satzung aus. Die Stadt Friedberg hat diese
ihr eingeräumten Grenzen vorliegend gewahrt. Dem aktuellen Umgriff der Satzung
ging ein Bauantrag auf FlNr. 522/3 voraus. Diesem Bauwunsch erteilte die Stadt
nach rechtlicher Prüfung durch Änderung des Geltungsbereiches eine Absage. Im
Hinblick auf diesen zeitlichen Ablauf und die Tatsache, dass nahezu alle
Eigentümer im Plangebiet von einem zusätzlichen Baurecht profitieren ist der
Vorwurf zurückzuweisen.
Vorliegend waren vielmehr die durch das Vorhandensein einer Satzung
ausgeblendeten öffentlichen Belange Widerspruch zur Darstellung des
Flächennutzungsplans (Fläche für die Landwirtschaft), sowie Entstehung,
Verfestigung einer Splittersiedlung in eine Abwägung einzustellen. Vorliegend
handelt es sich um vergleichsweise kleine Flächen, die die Funktion, der
Landwirtschaft zu dienen, bereits heute nicht mehr erfüllen, da sie entweder so
klein sind oder innerhalb bestehender Gebäudlichkeiten liegen und längst einer
anderen Nutzung zugeführt worden sind. Bedarf an landwirtschaftlicher Bewirtung
der Flächen besteht nicht mehr. Die Schließung der vorhandenen Lücken durch die
anvisierte Außenbereichssatzung ist städtebaulich auch vor dem Hintergrund der
Reduzierung von Außenbereichsflächen vertretbar, da die neuen Gebäudlichkeiten
trotz der exponierten Lage gegenüber dem Bestand in ihrer Ausdehnung und
Kubatur nicht wesentlich in Erscheinung treten werden. Begrenzt werden die
Möglichkeiten hier nicht nur durch die Größe der zu schließenden Baulücken,
sondern auch durch die gesetzlichen Abstandsflächen, sowie nähere Bestimmungen
zur Zulässigkeit.
Zu 3.
Widerspruch gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz
Einer
Bebauung der unbebauten Freifläche FlNr. 516 stehen auch keine anderen
öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB entgegen.
Zu 3 a
Wie
bereits unter den Abschnitten Zu 1. und Zu 2. erläutert, ist das Ziel der
vorliegenden Satzung nicht die Erweiterung einer Splittersiedlung, sondern
innerhalb des bebauten Bereichs eine bauliche Weiterentwicklung und Verdichtung
zu ermöglichen. Eine Zersiedelung liegt schlechthin nicht vor. Somit stehen der
Satzung die Ziele des Regionalplans auch nicht entgegen, sondern es wird
vielmehr dem Grundsatz des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden Rechnung
getragen.
Zu 3 b
Eine
Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB schafft im Übrigen auch noch kein
Baurecht. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sind geplante Bauten
weiterhin wie Außenbereichsvorhaben zu prüfen und zu behandeln. Die Satzung
greift lediglich den öffentlichen Belangen Nummern 1 (FNP) und 7
(Splittersiedlung) des Prüfkatalogs des § 35 Abs. 3 Baugesetzbuch vor. Somit
ist auch ein möglicher Eingriff in das Landschaftsbild und die natürliche
Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) grundsätzlich einem
Baugenehmigungsverfahren und der damit verbundenen Zulassungsentscheidung
vorbehalten. Dass diese Belange in jedem denkbaren
Fall einer Bebauung auf der Freifläche FlNr. 516 unüberwindbar beeinträchtigt
würden, steht nicht fest.
Im
Rahmen der Beurteilung des Landschaftsbildes ist zunächst der hohe Maßstab
klarzustellen, der eine grob unangemessene Verunstaltung bzw. belastendes
Empfinden eines Durchschnittsbetrachters erfordert. Zwar genügt in exponierter
Lage ein geringerer Grad an Beeinträchtigung, jedoch sind auch Vorbelastungen
in Gestalt von bereits vorhandener Bebauung zu würdigen. Auch unter Würdigung
der Hanglage nach Süden und der weithin einsehbaren Lage von Rettenberg als
Siedlungsansatz insgesamt sind Fälle von nicht privilegierter Wohnbebauung
denkbar, die - ggf. unter Auflagen - ohne Beeinträchtigung des
Landschaftsbildes zugelassen werden können. Hierbei ist besonders
hervorzuheben, dass eine Bebauung im westlichen Teilbereich der FlNr. 516 -
abhängig vom jeweiligen Standort des Betrachters - von der Halle südlich der
Erschließungsstraße mindestens teilweise verdeckt würde. Hinzu kommt, dass von
einem nicht privilegierten Vorhaben, das unter Wahrung der Abstandsflächen und
übrigen gesetzlichen Voraussetzungen auf FlNr. 516 gebaut werden könnte und
auch die übrigen Bestimmungen über die nähere Zulässigkeit aus der Satzung
einzuhalten hätte, keine weitreichenderen Auswirkungen zu erwarten sind, als
von der bereits existenten Bebauung. Der Rat hat bewusst Bestimmungen über die
Zulässigkeit von Vorhaben (§ 3 der Satzung) für erforderlich gehalten, um eine
verträgliche Bebauung zu gewährleisten. Hierbei ist besonders zu betonen, dass
jeder einzelnen Regelung für sich genommen weitestgehend zur Geltung verholfen
werden soll, da jede Regelung für sich genommen auch alleine bereits geeignet
wäre, die städtebauliche Entwicklung in ausreichendem Maße zu steuern.
Hinsichtlich
der Eigenart der Landschaft ist im Hinblick auf die Freifläche FlNr. 516
besonders zu betonen, dass es sich um eine im Außenbereich vergleichsweise
kleine Freifläche handelt, die wegen der Tatsache, dass sie von (mindestens)
drei Seiten von Bebauung umgeben ist, bereits heute nicht als klassische Außenbereichsfläche
mit Erholungs- oder privilegierter Funktion zur Verfügung steht. Die
ästhetische Komponente des Begriffs setzt eine erhebliche Störung des
städtebaulichen und landschaftlichen Gesamteindrucks voraus. Die Ausführungen
oben gelten auch hier sinngemäß.
Auch von einer Bevorzugung / Begünstigung eines einzelnen Bauwerbers kann vorliegend vor dem Hintergrund des gewählten Umgriffs nicht gesprochen werden. Dieser hatte sich an rechtlichen Zwängen zu orientieren, also war entlang der Gebäude zu führen. Anders als die Grundstücken im Osten des Geltungsbereichs ist das Grundstück im Westen des Geltungsbereichs im Norden und Süden, sowie im Westen von größeren Gebäuden umgeben.
Vor dem
Hintergrund der vorstehenden Ausführungen hält die Stadt Friedberg an der
Satzung und deren Regelungen fest. Zwischenzeitlich haben auch die
eingeschalteten Aufsichtsbehörden Landratsamt Aichach-Friedberg und Regierung
von Schwaben sich zum Verfahren geäußert und die Bedenken des
Einwendungsführers nicht geteilt.