A-1) Landratsamt Aichach-Friedberg/17.03.2020

 

Die Stellungnahme des Landratsamtes Aichach-Friedberg vom 17.03.2020 wird zur Kenntnis genommen.

 

 

B-1) Bürger 1/19.03.2020

 

Die Stellungnahme vom 19.03.2020 wird zur Kenntnis genommen. Die Einwendungen sind in der Sache unberechtigt:

 

Zu 1. Unzulässige Erweiterung des bebauten Bereichs

 

Entgegen der Auffassung der Einwendungsführer liegt auch die unbebaute Freifläche FlNr. 516 in einem bebauten Bereich. Eine Bebauung dieser Fläche stellt keine Erweiterung in den Außenbereich dar:

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein „ ‚bebauter Bereich‘ (…) gegeben, wenn und soweit bereits eine vorhandene Bebauung dazu führt, dass der Außenbereich seine Funktion, als Freiraum oder als Fläche für privilegiert zulässige Vorhaben zu dienen, nicht mehr oder nur noch mit wesentlichen Einschränkungen erfüllen kann. Die vorhandene Bebauung muss auf eine weitere Bebauung im Wege der baulichen Verdichtung hindeuten; erforderlich hierfür ist, dass die Bebauung eine gewisse Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit erkennen lässt, die sie als Weiler, Splittersiedlung oder sonstigen Siedlungsansatz qualifiziert. (…) Die vorhandene Bebauung muss deshalb in einem der Verdichtung zugänglichen Zusammenhang stehen; die Freiflächen dürfen diesen Zusammenhang nicht unterbrechen. (…) Ausschlaggebend ist, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt.

 

Die Außenbereichssatzung umfasst nur bebaute Bereiche, insbesondere was die gerügte westliche Freifläche auf FlNr. 516 anbelangt. Der bebaute Bereich erstreckt sich vorliegend konkret zwischen der südlich der Erschließungsstraße befindlichen Gewerbehalle FlNr. 523, dem Wohnhaus im Norden FlNr. 514 und dem Wohnhaus FlNr. 516 im Osten. Dieser Bereich lässt vor Ort auch visuell eine ausreichende Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erkennen, wie sie Rettenberg insgesamt auch weithin sichtbar kennzeichnet. Dass sich die Gewerbehalle im Süden nicht im Satzungsumgriff befindet, ändert nichts am Vorliegen eines bebauten Bereiches im rechtlichen Sinne.

Die für Außenbereichsmaßstäbe vergleichsweise kleine Freifläche FlNr. 516 wird zudem zu allen Seiten von deutlich in Erscheinung tretenden Gebäuden umrahmt, kann mithin bereits aus diesen Gründen ihre Außenbereichsfunktion nicht oder nur noch eingeschränkt erfüllen. Die durch die Bestandsgebäude entstehende Lücke wird demgemäß aktuell auch vorwiegend als Garten, Stellplatz oder Zufahrt genutzt. Durch eine Bebauung gehen mithin also keine landwirtschaftlichen Flächen verloren.

Ein Zersiedelungsprozess wird mit der Außenbereichssatzung nicht in Gang gesetzt.

 

Zwischenzeitlich hat auch die durch die Einwendungsführer eingeschaltete Regierung von Schwaben den geänderten Umgriff der Satzung bestätigt.

 

 

 

 

Zu 2. Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung

 

Mit vorstehenden Erwägungen ist der dargestellte Satzungsumgriff legitim und somit sind die Voraussetzungen einer Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 gegeben. Ein Verstoß gegen Bundesrecht oder das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung liegt demnach nicht vor.

 

Auch wird entgegen der Ausführungen nicht allein beabsichtigt, das Grundstück FlNr. 516 einer weiteren Bebauung zuzuführen. Durch die Satzung wird vielmehr auf allen Flurnummern im Umgriff mit Ausnahme des Kirchengrundstücks FlNr. 520 weitere Bebauung ermöglicht, sei es in Form eines abgesetzten Gebäudekörpers oder in Form eines Anbaus oder in Form eines Nebengebäudes etc.. Dadurch wird den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung Rechnung getragen.

 

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung sieht die Grenzen der Erforderlichkeit erst dann als überschritten an, wenn lediglich private Interessen bevorzugt werden, ohne dass eine ausreichende Rechtfertigung durch städtebauliche Gründe vorhanden sei. So dürfe eine Gemeinde im Rahmen ihrer „Städtebaupolitik“ hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen und sich dabei zumindest auch an den Wünschen der Grundstückseigentümer im Plangebiet orientieren. Denn häufig löse erst der Wunsch oder die Bereitschaft von Eigentümern, ihre Flächen einer Bebauung zuzuführen, überhaupt das Bedürfnis nach einer Bauleitplanung/ Satzung aus. Die Stadt Friedberg hat diese ihr eingeräumten Grenzen vorliegend gewahrt. Dem aktuellen Umgriff der Satzung ging ein Bauantrag auf FlNr. 522/3 voraus. Diesem Bauwunsch erteilte die Stadt nach rechtlicher Prüfung durch Änderung des Geltungsbereiches eine Absage. Im Hinblick auf diesen zeitlichen Ablauf und die Tatsache, dass nahezu alle Eigentümer im Plangebiet von einem zusätzlichen Baurecht profitieren ist der Vorwurf zurückzuweisen.

 

Vorliegend waren vielmehr die durch das Vorhandensein einer Satzung ausgeblendeten öffentlichen Belange Widerspruch zur Darstellung des Flächennutzungsplans (Fläche für die Landwirtschaft), sowie Entstehung, Verfestigung einer Splittersiedlung in eine Abwägung einzustellen. Vorliegend handelt es sich um vergleichsweise kleine Flächen, die die Funktion, der Landwirtschaft zu dienen, bereits heute nicht mehr erfüllen, da sie entweder so klein sind oder innerhalb bestehender Gebäudlichkeiten liegen und längst einer anderen Nutzung zugeführt worden sind. Bedarf an landwirtschaftlicher Bewirtung der Flächen besteht nicht mehr. Die Schließung der vorhandenen Lücken durch die anvisierte Außenbereichssatzung ist städtebaulich auch vor dem Hintergrund der Reduzierung von Außenbereichsflächen vertretbar, da die neuen Gebäudlichkeiten trotz der exponierten Lage gegenüber dem Bestand in ihrer Ausdehnung und Kubatur nicht wesentlich in Erscheinung treten werden. Begrenzt werden die Möglichkeiten hier nicht nur durch die Größe der zu schließenden Baulücken, sondern auch durch die gesetzlichen Abstandsflächen, sowie nähere Bestimmungen zur Zulässigkeit.

 

Zu 3. Widerspruch gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz

 

Einer Bebauung der unbebauten Freifläche FlNr. 516 stehen auch keine anderen öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB entgegen.

 

Zu 3 a

 

Wie bereits unter den Abschnitten Zu 1. und Zu 2. erläutert, ist das Ziel der vorliegenden Satzung nicht die Erweiterung einer Splittersiedlung, sondern innerhalb des bebauten Bereichs eine bauliche Weiterentwicklung und Verdichtung zu ermöglichen. Eine Zersiedelung liegt schlechthin nicht vor. Somit stehen der Satzung die Ziele des Regionalplans auch nicht entgegen, sondern es wird vielmehr dem Grundsatz des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden Rechnung getragen.

 

Zu 3 b

 

Eine Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB schafft im Übrigen auch noch kein Baurecht. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sind geplante Bauten weiterhin wie Außenbereichsvorhaben zu prüfen und zu behandeln. Die Satzung greift lediglich den öffentlichen Belangen Nummern 1 (FNP) und 7 (Splittersiedlung) des Prüfkatalogs des § 35 Abs. 3 Baugesetzbuch vor. Somit ist auch ein möglicher Eingriff in das Landschaftsbild und die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) grundsätzlich einem Baugenehmigungsverfahren und der damit verbundenen Zulassungsentscheidung vorbehalten. Dass diese Belange in jedem denkbaren Fall einer Bebauung auf der Freifläche FlNr. 516 unüberwindbar beeinträchtigt würden, steht nicht fest.

 

Im Rahmen der Beurteilung des Landschaftsbildes ist zunächst der hohe Maßstab klarzustellen, der eine grob unangemessene Verunstaltung bzw. belastendes Empfinden eines Durchschnittsbetrachters erfordert. Zwar genügt in exponierter Lage ein geringerer Grad an Beeinträchtigung, jedoch sind auch Vorbelastungen in Gestalt von bereits vorhandener Bebauung zu würdigen. Auch unter Würdigung der Hanglage nach Süden und der weithin einsehbaren Lage von Rettenberg als Siedlungsansatz insgesamt sind Fälle von nicht privilegierter Wohnbebauung denkbar, die - ggf. unter Auflagen - ohne Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zugelassen werden können. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass eine Bebauung im westlichen Teilbereich der FlNr. 516 - abhängig vom jeweiligen Standort des Betrachters - von der Halle südlich der Erschließungsstraße mindestens teilweise verdeckt würde. Hinzu kommt, dass von einem nicht privilegierten Vorhaben, das unter Wahrung der Abstandsflächen und übrigen gesetzlichen Voraussetzungen auf FlNr. 516 gebaut werden könnte und auch die übrigen Bestimmungen über die nähere Zulässigkeit aus der Satzung einzuhalten hätte, keine weitreichenderen Auswirkungen zu erwarten sind, als von der bereits existenten Bebauung. Der Rat hat bewusst Bestimmungen über die Zulässigkeit von Vorhaben (§ 3 der Satzung) für erforderlich gehalten, um eine verträgliche Bebauung zu gewährleisten. Hierbei ist besonders zu betonen, dass jeder einzelnen Regelung für sich genommen weitestgehend zur Geltung verholfen werden soll, da jede Regelung für sich genommen auch alleine bereits geeignet wäre, die städtebauliche Entwicklung in ausreichendem Maße zu steuern.

 

Hinsichtlich der Eigenart der Landschaft ist im Hinblick auf die Freifläche FlNr. 516 besonders zu betonen, dass es sich um eine im Außenbereich vergleichsweise kleine Freifläche handelt, die wegen der Tatsache, dass sie von (mindestens) drei Seiten von Bebauung umgeben ist, bereits heute nicht als klassische Außenbereichsfläche mit Erholungs- oder privilegierter Funktion zur Verfügung steht. Die ästhetische Komponente des Begriffs setzt eine erhebliche Störung des städtebaulichen und landschaftlichen Gesamteindrucks voraus. Die Ausführungen oben gelten auch hier sinngemäß.

 

Auch von einer Bevorzugung / Begünstigung eines einzelnen Bauwerbers kann vorliegend vor dem Hintergrund des gewählten Umgriffs nicht gesprochen werden. Dieser hatte sich an rechtlichen Zwängen zu orientieren, also war entlang der Gebäude zu führen. Anders als die Grundstücken im Osten des Geltungsbereichs ist das Grundstück im Westen des Geltungsbereichs im Norden und Süden, sowie im Westen von größeren Gebäuden umgeben.

 

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen hält die Stadt Friedberg an der Satzung und deren Regelungen fest. Zwischenzeitlich haben auch die eingeschalteten Aufsichtsbehörden Landratsamt Aichach-Friedberg und Regierung von Schwaben sich zum Verfahren geäußert und die Bedenken des Einwendungsführers nicht geteilt.

 


Abstimmungsergebnis:

 

Ja:                                           10

Nein:                                          3

Pers. beteiligt:                        

Anwesend:                              13

     

Abwesend:

StR Dr. Straßer – vertreten durch StR Trinkl